Als noch niemand wusste, was ein Migrationshintergrund ist, hatte ich schon einen. Geboren in Meran (Kurstadt, Kaiserin Sisi, Palmen unter schneebedeckten Gipfeln und ähnlicher Blödsinn), dann fünf Jahre eiskalte Füße in Welsberg im Pustertal (neun Monate Winter und drei Monate kalt), die Sommer in München-Mittersendling (Kommentar überflüssig), dann wieder Meran. Diese Reihenfolge bedarf einer Erklärung: Mutter – aus München – folgte Vater nach dem Krieg über den Brenner nach Meran (freiwillig!), landete dann aber in Welsberg (unfreiwillig!).
Hier sehen Sie mich (links!) bei der Begegnung mit meinem Sternzeichen (rechts!) .
Im Januar 1953 erblickte ich das Licht der Welt. Mama hielt sich gerade in Meran auf (absichtlich!). Die ersten fünf Jahre meines Lebens pendelte ich dann zwischen Welsberg und München hin und her (unfreiwillig, aber gern!). Allerdings war dieser ständige Ortswechsel mit einem traumatischen Erlebnis verbunden: In München angekommen, verstand mich kein Mensch. Das war nicht weiter verwunderlich, weil der Pusterer Dialekt auch damals schon außerhalb des Tales völlig unbekannt war. „Italenisch is des neet“ – „Italienisch ist das nicht“, bekam Oma von ihren Nachbarn zu hören, denen sie unvorsichtigerweise die Ankunft ihres Enkels aus Italien angekündigt hatte. Am Ende des Sommers Rückkehr ins Pustertal. Wieder war ich ein sprachlicher Außenseiter, denn niemand war dort des Bayerischen mächtig. Die ersten zwei Lebensjahre war mir das egal. Im reifen Alter von drei Jahren aber ärgerte es mich ziemlich, dass meine Diskussionsbeiträge in München wie in Welsberg wochenlang nicht zur Kenntnis genommen wurden. Daraufhin beschloss ich mit sechs Jahren in Meran zur Schule zu gehen und aus Protest die Hochsprache zu erlernen, oder das, was ich dafür hielt.
Um einer Frage zuvorzukommen: Ja, eigentlich hätte meine Mutter Asam heißen müssen. Asam ist ein bayerischer Name. Aber meine Mutter hieß schon Neuhäusler und konnte deshalb nicht auch noch Asam heißen. Nein, mit dem Münchner Weihbischof Neuhäusler habe ich nichts zu tun (zumindest weiß ich nichts davon), und mit bayerischem Rokoko auch nicht. Noch nicht. Eine direkte Verbindung zur Künstlerfamilie Asam (18. Jh.) werde ich erst nachweisen, wenn ich mehr Zeit habe. Aber unter uns: Der Maler und Architekt Cosmas Damian und sein Bruder Egid Quirin (Altarbauer, Stukkateur) haben auch in der Schweiz gearbeitet. Und wie Sie als Kultur beflissener Leser dieser äußerst interessanten Biografie sicherlich wissen, grenzt die Schweiz an Südtirol! Und genau dort, wo das der Fall ist, nämlich im oberen Vinschgau, kommt der Name Asam vor. Ziehen Sie jetzt Ihre ganz persönlichen Schlussfolgerungen aus dieser Beweislage.